Mittwoch, 28. November 2012

Independence Day

Am 9. Oktober haben wir Ugandas 50-jährige Unabhängigkeit von Großbritannien gefeiert. Eine Kirche hatte eine große Veranstaltung in Entebbe organisiert, auf der es Reden, Gesang, Sport (Boxen) und eine Vorstellung der traditionellen Tänze und der traditionellen Kleidung vieler ugandischer Stämme zu sehen gab. Wir Freiwillige wurden eingeladen mit dem Buganda-Stamm auf die Bühne zu gehen, was für alle Beteiligten und für die Zuschauer sehr unterhaltsam war – selbst das Fernsehen hat uns in einem Bericht erwähnt!
Auf dem Foto sind Lorenz und ich mit einigen Frauen des Baganda-Stammes zu sehen:

Montag, 26. November 2012

Der Koch

Es gibt hier an den Straßen viele Stände, die irgendwelche Snacks anbieten, die alle sehr lecker (und mindestens genauso ungesund) sind. Hier ein paar Beispiele:
Chapati: Frittierter Teig, der aus Mehl, Wasser und meistens Mohrrüben und/ oder Zwiebeln besteht und in Pfannkuchenform ist.
Rolex: Chapati, in den zwei gebratene Eier mit Tomaten und manchmal Paprika eingerollt sind.
Mandazi: Frittierte Teigbällchen aus Mehl, Wasser, Zucker und Zitrone oder Orange.
Samosa: Frittierte Teigtaschen mit Erbsen, Mais, Reis oder Fleisch gefüllt.

Gestern Abend, als ich mir einen Samosa (einen Vegetarischen natürlich) gekauft habe, habe ich den Verkäufer gefragt, ob er mir mal zeigen könnte, wie das geht. In Deutschland wäre das undenkbar, das wäre etwa so, als ob ich in einen Dönerladen gehe, in dem ich noch nie war, und frage, ob ich auch mal kurz Döner machen kann. Aber hier sind die Leute viel offener, deswegen habe ich gefragt und deswegen hat er auch "Ja" gesagt und wir haben auch sofort angefangen. Es hat Spaß gemacht und auch für die Leute, die vorbeigegangen sind, war es unterhaltsam, mich so ungeschickt Essen machen zu sehen. Sowieso war ich eine kleine Attraktion, denn bestimmt hat man Weiße hier bis jetzt nur Essen kaufen sehen und nie, wie einer Samosa macht. Ab und zu kamen Leute und sagten mir lachend, dass ich das gut mache oder dass ich ein "Gentleman" bin. Zum Schluss hat mir der Verkäufer noch Samosas und Mandazi geschenkt und wir haben abgemacht, dass ich das nächste Mal Rolex mache.

Ferien

Gestern war ich auf der Abschiedsveranstaltung meiner Schule, der Hilgard Primary School.
Alle Lehrer, Schüler und Eltern sind gekommen, um das Ende des Schuljahres zu feiern. Zuerst sind wir mit Marschmusik durch Kitooro, einen Stadtteil von Entebbe, marschiert, dann haben wir Reden gehört, Gesang und Tänze der Schüler angesehen, gegessen und zum Schluss haben alle Schüler ihre Zeugnisse bekommen.
Jetzt sind Ferien, die bis zum 4. Februar gehen. Auch wenn ich neben der Schule noch einige andere Aufgaben habe, finde ich bestimmt bald Zeit, etwas rumzureisen und mehr von Uganda zu sehen.

Samstag, 24. November 2012

Ein letztes Mal verrechnet..

Bevor ich am Mittwoch die fertig gedruckten Jahrbücher aus Kampala holen wollte, rief ich lieber nochmal bei dem Copyshop an und fragte, ob die Bücher denn schon fertig seien. "Nein", war die Antwort, ich solle sie doch am Donnerstag abholen, was auch in Ordnung ist, denn es ist ja eine Menge Arbeit so viele Hefte zu drucken und zu binden.
Nachdem ich angerufen hatte, hatte man meine Nummer und so bekam ich einige Stunden später einen Anruf, bei dem ich die inzwischen üblich gewordene Geschichte zu hören: "Wir haben uns verrechnet.. Es wird um einiges teurer.."
Also fuhr ich am Donnerstag nach Kampala, um mir anzuhören, was man mir genau zu sagen hatte, diesmal fest entschlossen, mein Recht auf den abgemachten Preis durchzusetzen. Der Mann, mit dem ich dann das Gespräch führte, war sehr freundlich, erklärte mir die Situation, dass sein Kollege, der mir das Angebot gemacht hatte, bei seiner Berechnung den Toner für das Drucken vergessen hatte. So würde sein Geschäft einen Verlust von einer halben Million Schilling machen und er schlug mir vor, davon wenigstens noch die Hälfte zu übernehmen. Ich bin mir sicher, dass dieser Mann nicht log. Also tat es mir auch ehrlich leid, aber als ich sagte, dass ich auch nicht mehr Geld zur Verfügung habe, brachte man mir Verständnis entgegen und so bekam ich noch am selben Tag alle Jahrbücher zum abgemachten Preis.
Seit gestern verkaufe ich die Bücher und einige werden auch nach Deutschland geschickt. Falls jemand von euch eins kaufen will, kann er sich gerne bei mir melden.

Dienstag, 20. November 2012

Verrechnet

Vorweg: Wenn ich hier in meinem Blog eine Situation beschreibe, habe ich immer die Befürchtung, dass sie als "für ugandische Verhältnisse normal" gewertet wird. Ich will also keinen Anlass für Vorurteile wie zum Beispiel "Ugander sind unzuverlässig" geben. Ich möchte nur eine Geschichte erzählen und mit diesem Vorwort verhindern, dass man beim Lesen denkt, dass Beschriebenes repräsentativ für ugandische Verhältnisse ist:

Ich kam gestern zur German Secondary School und ging in Roberts Büro. Robert ist mein Gastvater und der Schulleiter der Schule.
"Eins ist schon gedruckt! Der Rest kommt morgen!" - Ich legte ihm das erste Exemplar des Jahrbuchs hin. Er blätterte es durch und ich sah, wie beeindruckt er war. Als er sein Lob dann auch aussprach, war ich zufrieden und stolz auf das gelungene Ergebnis der Arbeit der letzten Wochen.
Dann klingelte mein Handy:
"Hallo?"
"Hallo? Sind Sie noch in Kampala?"
"Nein. Ich bin jetzt in Entebbe. Was gibt's denn?"
"Es tut mir leid. Ich hab mich verrechnet."
"Verrechnet? Was heißt das?"
"Es wird teurer als gedacht."
"Teurer? Wie viel?"
"Es würde jetzt 2,6 Millionen Schilling kosten." (1 Euro sind etwa 3000 Uganda-Schilling)
"Ich sagte doch 1,8 ist schon über dem Limit!"
"Aber dann können wir nicht drucken."
"Dann werden wir nicht drucken."
Aufgelegt. Ich setzte mich hin und steckte das fertige Jahrbuch wieder ein. Ich hatte inzwischen 3 ganze Tage in Kampala verschwendet, ich hatte den Druckauftrag an 5 verschiedene Copyshops gegeben und alle hatten mich später angerufen und doch abgesagt. So zufrieden ich vor dem Anruf über das Ergebnis war, so mutlos war ich danach.
"Und jetzt?", fragte ich Robert.
"Jetzt musst du nochmal nach Kampala.."

Also war ich heute wieder Kampala. Zuerst bin ich zu dem Copyshop von gestern gegangen, hab mir das Geld zurückgeben lassen und dann habe ich mich auf die inzwischen übliche Suche nach guten Angeboten gemacht, die immer etwa so aussieht:
Ich gehe zu einem Laden und frage:
"Drucken sie Zeitschriften?"
"Ja."
"Ok. Ich bin von der German Secondary School in Entebbe. Wir wollen unser Jahrbuch drucken lassen, es hat 64 farbige Seiten und wir wollen 150 Hefte. Das Problem ist aber, dass wir über Spenden aus Deutschland finanziert werden und uns nur 1,5 Millionen Schilling zur Verfügung stehen. Ist es irgendwie möglich so viele Bücher diesen Betrag zu drucken?"
Dann wird im Durchschnitt etwa eine Viertelstunde gerechnet und danach wird mir ein Angebot gemacht. Und normalerweise muss ich das Angebot dann ablehnen, weil es zu teuer ist.
Aber auch heute fand ich jemanden, der bereit war, für einen akzeptablen Preis zu drucken. Diesmal habe ich ihm nicht meine Handynummer gegeben, heute wird mir also niemand mehr absagen. So kann ich bis morgen Abend, wenn ich komme um die Hefte zu holen, hoffen, dass es diesmal klappt.

Samstag, 17. November 2012

Sportunterricht

Ich komme an der Schule an und meine Schüler, etwa 30 Erstklässler, erwarten mich schon.
Ich frage: "Are you ready?" und als Antwort schreien mir alle gleichzeitig ein aufgeregtes "Yeah!" zu.
"Then let's go!", sage ich und wir gehen zum Vorhof der Schule, den wir als Sportplatz benutzen.
"Make a circle. Let's warm up, guys." Auf der einen Seite fangen die Schüler an, einen Kreis zu bilden, bis jetzt ist es aber noch eine gerade Linie. Links und rechts von mir unterhalten sich Schüler und bewegen sich gar nicht.
"Come on, make a circle!" Die Linie verformt sich langsam zu einem Halbkreis, Viele haben mich immernoch nicht gehört.
"I'm waiting.." Nichts mehr, keine Reaktion. Etwa die Hälfte der Schüler steht bereit zum Unterricht, der Rest albert rum und scheint schon vergessen zu haben, dass sie gerade Schule ist. Ich schließe die Augen. Noch keine 2 Minuten von meiner Stunde sind um und schon wünsche ich mir, dass sie vorbei ist. Warum können sich die Schüler denn nicht benehmen? In Gedanken entschuldige ich mich bei den Lehrern, die ich hatte, denn nun weiß ich, wie viel Ärger ich ihnen bereitet habe. Aber jetzt muss es weitergehen!
Ich öffne meine Augen, meine Stimme wird laut: "Come on! Is it that difficult to make a circle?" Jetzt hören mich alle Schüler und ich bekomme den Kreis, den ich will. Trotzdem hören mir noch nicht alle zu. Nachdem ich einige Schüler einzeln ermahnt habe, kann es losgehen:
"Good morning." - "Good morning teacher Albert."
Dann stelle ich mich in die Mitte des Kreises und mache mit den Schülern Hampelmänner, Kniebeugen und Sprünge. Bei den Kniebeugen sehe ich, dass jemand nicht vernünftig mitmacht, ich sage zu ihr: "Do it properly!" - Keine Reaktion.
Als ich fertig bin, hole ich die ungehorsame Schülerin in die Mitte des Kreises und lasse sie als Strafe alleine Kniebeugen machen. Sie wird ausgelacht und als ich die Übung später wiederhole, machen alle vernünftig mit, was mich mit Zufriedenheit erfüllt.
Als wir mit dem Aufwärmen fertig sind, lasse ich die Schüler seilspringen. Alle machen mit und alle scheinen Spaß zu haben. Ich sehe Schüler, die so gut sind wie ich, und ich sehe Schüler, die kaum 2 Mal ohne Fehler springen können, aber alle geben sich Mühe und das ist das, worauf es für mich ankommt.
Plötzlich sehe ich einen Schüler, der sich versteckt und nicht mitmacht. Auf meine Frage, was los sei, antwortet er, dass er nicht seilspringen könne. Immer wieder versuche ich ihn zu animieren, aber er weigert sich immer weiter. Erst als ich die Idee habe, dass ich ihm einfach immer sage, wann er springen muss, probiert er es. Die ersten Male geht es noch schief, aber dann schafft er es auch, ein, zwei Mal zu springen, worüber er sehr glücklich war.
Zum Schluss mache ich noch einen Hochsprung-Wettbewerb: Alle müssen über ein Seil, dass ich immer höher halte, springen. Die, die es nicht schaffen, scheiden aus, alle anderen springen nochmal – bis nur noch einer übrig ist. Nicht nur die Schüler haben bei diesem Spiel Spaß und als am Ende der Stunde der Gewinner von seiner ganzen Klasse angefeuert wird, ärgere ich mich sogar, dass ich den Unterricht jetzt beenden muss. Auch die Schüler wollen eigentlich noch weitermachen, aber nachdem ich ihnen erkläre, dass das nicht geht, kommen alle zu mir, schlagen ein und gehen zurück zum Klassenraum.
Ich aber habe gleich im Anschluss Sport mit der zweiten Klasse und weiß schon vorher, dass der Kampf und die Quälerei am Anfang mit Spaß und Zufriedenheit am Ende belohnt wird.

Mittwoch, 14. November 2012

Projekt: Yearbook 2012

Eines meiner Projekte, an denen ich neben der Hilgard Primary School arbeite, ist der Writers' Club der German Secondary School Uganda (GSSU).
Jedes Jahr veröffentlicht der Writers' Club ein Yearbook mit Schüler-, Lehrer- und Freiwilligenprofilen und vielen weiteren Themen. Als wir vor einigen Wochen mit der Arbeit angefangen hatten, haben wir uns das Ziel gesetzt, dass beste Jahrbuch in der 5-Jährigen Geschichte der Schule zu machen.
Die Schüler haben sich an die Arbeit gemacht, Lehrer, Freiwillige und andere Schüler befragt, Texte über Sport, Umwelt, Zusammenleben usw. geschrieben und so eine unglaubliche Menge an Material zusammengestellt. Während ich mit einem Schüler in Entebbe unterwegs war und Unternehmen nach Werbung gefragt habe, um das Jahrbuch besser finanzieren zu können, fügte Elias, ein anderer Freiwilliger, das Material zusammen und kümmerte sich um das Design. Am Ende hatten wir 170.000 Schilling für Werbung zusammenbekommen – das sind umgerechnet zwar "nur" etwa 60 €, aber für ugandische Verhältnisse ist es viel mehr! - und ein wunderbar designtes Yearbook. Gestern war ich in Kampala, der Hauptstadt Ugandas, die etwa 30km von Entebbe entfernt ist, und habe den Druckauftrag gegeben. Und wir alle sind uns sicher, dass wir das Ziel, das beste Yearbook zu machen, erreichen werden.
Das Cover:


Montag, 12. November 2012

"Respekt, Albert"

Ich sitze auf meinem Bett und kaue Zuckerrohr.
Zuckerrohr isst man so: Nachdem man sich ein Rohr gekauft hat, nimmt man ein Messer und entfernt die harte, ungenießbare Schale, sodass das Brauchbare, das saftige Innere, freigelegt wird. Dann schneidet man es in Stücke - man muss aufpassen, dass man sich nicht in den Finger schneidet – und genießt. Man kauft Zuckerrohr nicht nur um es zu essen, sondern auch das Schälen und Schneiden macht Spaß, denn man kann die Zeit gut zum Nachdenken nutzen.
Diesmal denke ich daran, wie viele Leute mir gesagt haben: "Respekt, Albert. Respekt für deinen Mut nach Uganda zu gehen, Respekt für deine Hilfsbereitschaft." Danke an alle, die mir Respekt zollen, wirklich. Aber wie sieht es denn aus, bin ich so mutig, bin ich so hilfsbereit?
Um Mut zu zeigen, muss man sich einer Gefahr stellen. Welcher Gefahr stelle ich mich in Uganda? Ist es so, dass, wenn ich das Haus verlasse, eine Horde hungriger Ugander über mich herfällt, mir die Kleider vom Körper reißt, mich zu Boden schlägt und mir bei lebendigem Leib das Fleisch von den Knochen frisst, während im Hintergrund ein Auto, das bei einer Schießerei durchlöchert wurde, explodiert?
Ich sitze auf meinem Bett und kaue Zuckerrohr. Nein, eigentlich ist es nicht gefährlicher auf die Straße zu gehen als in Deutschland: In den zwei Monaten, die ich nun hier bin, habe ich mich kein einziges Mal unsicher gefühlt und hätte auch nie Grund dazu gehabt. Meine letzten Berichte haben vielleicht auch den falschen Eindruck erweckt, dass alle Ugander immer nur den Weißen im Blick haben. Diese Ugander sind aber die Ausnahmen, die meisten scheren sich nicht mehr um mich, als es ein Fußgänger in Deutschland tun würde. Durch die Paar, die mich aber doch ansprechen, fühle ich mich dann natürlich doch, als würden mich alle in den Mittelpunkt stellen, aber dieses Gefühl entspricht keineswegs der Realität.
Ich glaube nicht, dass ich besonders mutig bin, weil ich nach Uganda gegangen bin. Aber wie steht's mit der Hilfsbereitschaft? Die zeichnet sich wohl dadurch aus, "Entwicklungshilfe" zu leisten, den Ugandern es durch meine Arbeit zu ermöglichen, sich zu "entwickeln". Ich habe in Deutschland gerade die Schule verlassen und der deutsche Staat traut es mir jetzt schon, ohne die geringste Ausbildung, zu, hier an einer Schule zu unterrichten. Die ugandischen Lehrer, die an meiner Schule, der Hilgard Primary School, arbeiten, wissen, wie das geht, ich nicht. Aber ich bin hier um es zu lernen und die Lehrer opfern ihre Zeit und zeigen mir wie das geht. Ich bin hier um zu lernen, zu reifen, um mich positiv zu entwickeln – wer leistet jetzt also Entwicklungshilfe? Es ist nicht so, dass ich ein Jahr meines Lebens opfere, um anderen zu helfen.
Ich sitze auf meinem Bett und kaue Zuckerrohr. Ich habe Spaß dabei und wenn ich mir nicht in den Finger schneide, passiert mir auch nichts.

Sonntag, 11. November 2012

Ein Platz an der Sonne für's Gehirn

Ich dachte mir: Einmal im Leben muss man eine Glatze haben - man muss doch wissen, wie sich sein Kopf anfühlt und wie er aussieht. Und wann wäre ein besser Zeitpunkt als jetzt, um sich eine Glatze, eine typisch afrikanische Frisur, zuzulegen?

"Eine Geschichte über mein Leben.."

Ich will mit dieser Geschichte nicht sagen, dass man in Uganda keine Freunde finden kann - im Gegenteil, durch Ihre offene Art ist es sogar ganz einfach. Aber manchmal kann das eben auch schief gehen:
Ich habe bei einer Einrichtung, in der ich manchmal arbeite, jemanden kennengelernt, der ungefähr in meinem Alter ist – sein Name ist Andrew. Wir haben uns ein wenig unterhalten und er war mir auch nicht unsympathisch. Nach einiger Zeit sagte er mir, dass er "eine Geschichte über sein Leben" – die Lebensgeschichten der Ugander sind oft sehr interessant - geschrieben hat und er bat mich, sie mal zu korrigieren, weil er nicht so gut in Rechtschreibung sei. Also verabredeten wir uns für den Abend.
Ich kam zu ihm und das Erste, was ich sah, war seine Mutter, die völlig außer sich war, weil ein Weißer zu ihr nach Hause kam. Sie kam an und fasste mir die ganze Zeit ins Gesicht, um meine wunderbare weiße Haut berühren zu können. Dabei redete sie ununterbrochen abwechselnd in Luganda und Swahili zu mir und ich verstand natürlich kein Wort. Als ich dann ins Haus kam und wir uns hinsetzten, fing die ganze Familie an Wodka zu trinken, wahrscheinlich hatten sie schon vorher getrunken, denn alle waren sehr schnell betrunken. Dazu redeten alle gleichzeitig mit mir, sodass ich einfach nichts verstehen konnte. Die Mutter ging immer raus und kam mit irgendwelchen Geschenken für mich wieder. Ich wurde also behandelt, wie ein Gott, dessen Gunst man sich erkämpfen oder zumindest erkaufen muss, und dessen Gesellschaft eine unglaubliche Ehre ist. Und das war natürlich sehr unangenehm und enttäuschend für mich. Man freute sich nicht, dass ICH da bin, sondern, dass ein Weißer da ist. Mit zunehmender Betrunkenheit meiner Gastgeber wurde ich auch immer häufiger "Jakob" genannt, denn Jakob ist der andere Weiße, der an der Einrichtung arbeitet, bei der ich Andrew kennengelernt hab.
Als ich ihn dann irgendwann fragte, was jetzt eigentlich mit der Geschichte sei, weigerte er sich, sie
mir zu zeigen; es sei ihm zu peinlich, wie viele Fehler er gemacht hat. Die Antwort auf meine Frage, wie viel er denn geschrieben hat, war: "Eine halbe Seite." Spätestens da wurde mir klar, dass es von Anfang an nur darum ging, irgendwie den Weißen zu sich nach Hause zu bekommen.
Als ich ging, sagte man mir, dass ich so schnell wie möglich wiederkommen soll – ich aber hoffe, keinen aus dieser Familie je wieder zu sehen.

Samstag, 10. November 2012

Gastgeschwister

Links oben: Ethan (5), rechts oben: Antonia (4), und in meinen Händen: Daniela, die, als das Foto gemacht wurde, 3 Monate alt war. Jetzt ist sie 5 Monate alt (das Datum auf dem Foto stimmt natürlich nicht).

"Yes, my boss?"

Wenn man sich als Weißer hier in der Öffentlichkeit aufhält, wird man wirklich ununterbrochen angesprochen: Wenn ich durch die Tür gehe, kommen gleich ganz viele fremde Kinder angelaufen, winken oder fassen mich an der Hand und rufen "Bye Mzungu!". "Mzungu" ist Swahili und bedeutet "Weißer". So steht dann jeden Tag eine Schar von Kindern um mich herum und alle scheinen ganz außer sich vor Freude, nur weil sie mich sehen. "Bye Mzungu" wird auch nicht nur einmal gerufen, sondern es wird mir so lange immer wieder hinterhergerufen, wie ich in Sichtweite bin. Manchmal wird wird sogar zu den Mzungu-Rufen getanzt.
Wenn ich dann weitergehe kommen Leute an und sagen: "How are you, my friend? God praise you!". Andere wiederum rufen mich wieder "Mzungu" oder fragen sogar "Yes, big man?" oder "Yes, my boss?", wenn sie wollen, dass ich irgendetwas kaufe. Alles nur weil ich weiß bin.
Das klingt jetzt natürlich alles ziemlich rassistisch und eigentlich ist es das auch. Dennoch kann ich es gut verstehen: Fast alle Weißen, die hierher kommen, bringen für ugandische Verhältnisse sehr viel Geld mit und geben es auch aus. Viele arme Ugander, die Sachen verkaufen oder Dienstleistungen wie Budda-Fahrten (ein Budda ist so etwas wie ein Motorrad-Taxi) anbieten, sind auf dieses Geld angewiesen. Und weil sie es von Weißen gewohnt sind, dass sie viel Geld ausgeben, und weil sie wissen, dass Weiße auch einfach viel mehr Geld haben, werben sie um ihn.
Als ich mich eines Abends mal mit jemandem, der ungefähr in meinem Alter war, kurz unterhalten hab, nachdem er mich mit "How are you, my friend?" begrüßt hatte, da erklärte er mir, dass alle Weißen, die hierher kommen, auch ich, als Gepäck nur einen riesigen Sack voller Dollarnoten mitnehmen. Er hat mir bis zum Schluss nicht geglaubt, dass es nicht so ist.
Wenn ich aber, nachdem ich irgendwie auf Englisch angesprochen wurde, auf Luganda, der Sprache, die eigentlich in hier in Entebbe gesprochen wird, antworte, dann freut man sich immer sehr. Während man in Deutschland von einem Ausländer erwartet, dass er Deutsch spricht, ist es hier ein kleines Wunder, wenn ein Weißer sich die Mühe macht ein paar Sätze der Sprache hier zu lernen.
Als mich vor einigen Wochen ein völlig betrunkener UN-Soldat aus Guatemala, der schon seit 3 Jahren in Entebbe ist, angesprochen hat, konnte der kein einziges Wort Luganda und auch kaum Englisch. Diese Soldaten machen übrigens einen Großteil der weißen Bevölkerung hier aus. Es wundert mich also auch nicht, wenn ein Ugander sich freut, dass ein Weißer Luganda spricht.
Naja, alles in allem nervt mich das Angesprochenwerden schon sehr, aber ich versuche immer freundlich zu bleiben, denn wahrscheinlich würde ich es genauso machen, wenn ich Ugander wäre.

Mein Blog..

Ich hab mir überlegt, dass es ja vielleicht doch sinnvoll ist, euch mit einem Blog über mein Leben in Uganda auf dem Laufenden zu halten. Ich freu mich, wenn es euch interessiert und ich hoffe, ihr habt Spaß beim lesen!